Verfasst von: Dr. Nadine Frey
Lesezeit: 7 Minuten
Veröffentlicht am: 09.12.2022
Verfasst von: Dr. Nadine Frey
Lesezeit: 7 Minuten
Veröffentlicht am: 09.12.2022
In den vergangenen Jahren hat sich viel getan. Immer mehr Patienten mit schweren und chronischen Erkrankungen, die bisher keine zufriedenstellende Therapie erzielen konnten, setzten sich mit der Möglichkeit einer Cannabistherapie auseinander.
Engagierte Wissenschaftler und Mediziner der ersten Stunde, Patientenorganisationen und auch Unternehmen, die Cannabisarzneimittel herstellen, arbeiten seither intensiv an Schulungsprogrammen, Unterstützungsmaßnahmen für Patienten, Ärzte, Apotheker und der Durchführung von Studien zur Wirksamkeit sowie Sicherheit der Cannabispräparaten, um Cannabis als Medizin weiter zu etablieren.
Zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung lagen noch vergleichsweise wenige Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabisrezepturen vor. Daher wurde beschlossen, für die Dauer von 5 Jahren Behandlungsdaten von Patienten mit einer GKV-Kostenübernahme zu sammeln und auszuwerten. Diese Daten sollten die Grundlage zur Überprüfung und möglichen Anpassung der 2017 beschlossenen Rahmenbedingungen für eine Kostenübernahme einer Behandlung mit Cannabinoiden bilden.
Die Auswertung dieser Begleiterhebung zeigt, dass die meisten der Patient:innen deren Behandlungsdaten übermittelt wurden unter Schmerzen, Neubildungen/Tumorerkrankungen, Spastik, Multiple Sklerose oder Anorexie/Wasting leiden. Allerdings bleiben dabei leider viele weitere Indikationen, für die jedoch oftmals keine Kostenübernahme genehmigt wird, stark unterrepräsentiert. Für die erwähnten Indikationen zeigen sich allerdings gute Behandlungserfolge. So berichteten 74 % der Patient:innen symptomübergreifend von einer Verbesserung der Beschwerden und einer Zunahme der Lebensqualität. Auftretende Nebenwirkungen waren dabei zwar insgesamt häufig, aber fielen überwiegend leicht bis moderat aus und führten insgesamt bei lediglich 8,2 % der Fälle zu einem Therapieabbruch.
Eine ausführliche Zusammenfassung der Ergebnisse der Begleiterhebung finden sich in unserem Factsheet.
Aber auch die Universitäten, Institute und die Industrie sind nicht untätig geblieben. In den vergangenen Jahren werden immer mehr Umfragen und Studien zur Wirksamkeit von Cannabis bei verschiedensten Indikationen veröffentlicht. Diese umfassen Patientenumfragen, Anwendungsbeobachtungen, präklinischen und klinischen Studien inklusive randomisierten und doppelblinden klinischen Studien (RCT), deren Daten auf internationalen Fachkongressen vorgestellt und diskutiert werden.
Auf Basis dieser Daten können weitere Verbesserungen bezüglich der Anwendung, Wirkstoffaufnahme und Reduzierung potenzieller Nebenwirkungen sowie einer Standardisierung der Anwendung vorgenommen werden. Mit Fortschritten im Bereich der Forschung besteht die Möglichkeit, dass sich Cannabisarzneimittel künftig stärker als echte Behandlungsalternative etablieren und damit mehr Patient:innen zur Verfügung stehen.
Dabei zeigen sich allerdings auch die Grenzen von Cannabisarzneimitteln. Viele Patient:innen haben eine sehr große Erwartungshaltung an eine Therapie mit Cannabis, die zum Teil durch Cannabinoide allein nicht zu erfüllen sind. Bei einer Cannabistherapie handelt es sich letztendlich immer um einen individuellen Therapieversuch auf den jede Patient:in unterschiedlich reagieren kann. Entscheidend ist der enge Austausch zwischen dem behandelnden Arzt bzw. der Ärztin und den Patient:innen, sowie die individuelle Zusammenstellung der optimalen Therapie bestehend aus der Standradtherapie und Cannabinoiden.
Der Weg zur Verordnung von Cannabisarzneimitteln ist jedoch auch heute noch mit einigen Stolpersteinen versehen. Patient:innen haben häufig Schwierigkeiten, überhaupt Ärzte zu finden, die bereit sind, eine Therapie mit Cannabinoiden in Betracht zu ziehen.
Das hat oftmals mehrere Gründe: Neben der Sorge als „Cannabisarzt“ zu gelten, fürchten Ärzt:innen häufig Regresse oder scheuen schlichtweg die Auseinandersetzung mit der individuellen und komplexen Verordnung. Die Vielzahl der Produkte aber auch die eher offen definierten Gesetzesgrundlagen und deren Auslegung bezüglich der Kostenübernahme durch die Kasse und den damit verbundenen Aufwand der Antragstellung führen oftmals zu Frust.
Aktuell laufen auch die Diskussionen und Vorbereitungen einer möglichen Legaliserung von Cannabis als Genussmittel. Für die Patienten, die aktuell keine Möglichkeit einer Kostenübernahme haben, sind das gute Nachrichten, da durch den Wegfall des Rezepturaufschlags Cannabisprodukte deutlich erschwinglicher werden sollten.
Dennoch bleiben Cannabinoide eine wichtige Option für schwerstkranke Patienten, die auf eine engmaschige Kontrolle sowie auf sehr hohe medizinische Qualitätsstandards und die Möglichkeit einer Kostenübernahme angewiesen sind. Der rein medizinische Markt sollte daher über die Diskussionen zur Legalisierung also nicht aus den Augen verloren werden, denn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat bereits einen ersten Entwurf zu geplanten Anpassungen der Arzneimittel-Richlinie (AM-RL) und somit der Regelung zur Kostenübernahme veröffentlicht.
Leider würden viele der Vorschläge den ohnehin aufwendigen Weg zur Verordnung mit Kostenübernahme nochmals komplizierter gestalten. Damit werde die Versorgung der Patient:innen weiter erschwert statt erleichtert. Angesichts der Pläne zur Legaliserung hätten die Bedürfnisse der Patient:innen gegenüber den Genusskonsument:innen somit das Nachsehen.
Verschiedene Interessenvertreter hatten bereits die Gelegenheit, Ihre Positionen sowie Anpassungsvorschläge in einem Stellungnahmeverfahren vorzubringen. Die finale Entscheidung des G-BA wird im Januar 2023 erwartet.
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