Verfasst von: Randy Nyssen
Lesezeit: 6 Minuten
Veröffentlicht am: 02.10.2025
Verfasst von: Randy Nyssen
Lesezeit: 6 Minuten
Veröffentlicht am: 02.10.2025
Medizinisches Cannabis ist seit 2017 in Deutschland verschreibungsfähig. Seither stellt sich für viele Patient:innen die Frage: Worin unterscheiden sich bestrahlte und unbestrahlte Cannabisblüten – und macht das für die Therapie einen Unterschied?
Während für die einen die Bestrahlung eine notwendige Sicherheitsmaßnahme ist, betrachten andere sie mit Skepsis. In diesem Artikel erklären wir, was genau passiert, warum Cannabis überhaupt bestrahlt wird, welche Vor- und Nachteile es gibt und welche Alternativen existieren
Medizinisches Cannabis muss nach den Vorgaben des Deutschen Arzneibuchs (DAB) und des GMP-Standards (Good Manufacturing Practice) höchsten Anforderungen an Qualität und Reinheit genügen.
Ein zentrales Problem ist die mikrobielle Belastung:
Cannabisblüten sind ein Naturprodukt und können Schimmelpilze, Hefen oder Bakterien enthalten.
Für gesunde Menschen sind diese Keime oft harmlos – für Patient:innen mit geschwächtem Immunsystem (z. B. bei Krebs, HIV, nach Organtransplantationen) können sie jedoch gefährlich oder sogar lebensbedrohlich sein.
Um diese Risiken auszuschalten, setzen Hersteller auf Bestrahlung mit ionisierender Strahlung (meist Gamma-Strahlung).
Die gängige Methode ist die Gamma-Bestrahlung mit Cobalt-60. Dabei wird das Cannabis einer definierten Dosis ionisierender Strahlung ausgesetzt.
Ziel: Abtötung von Mikroorganismen.
Dauer: wenige Sekunden bis Minuten.
Sicherheit: die Pflanze wird nicht radioaktiv.
Der Prozess wird seit Jahrzehnten auch in der Lebensmittelindustrie (z. B. bei Gewürzen) und in der Medizin (z. B. bei Verbandsmaterialien) angewendet.
Mikrobiologische Sicherheit: Reduziert Keime auf ein Minimum, besonders wichtig für immunsupprimierte Patient:innen.
Konstante Qualität: Hersteller können eine gleichbleibend niedrige Keimbelastung garantieren.
Zulassungskriterium: Viele Märkte (z. B. Deutschland, Niederlande) schreiben Bestrahlung faktisch vor, um die strengen Grenzwerte einzuhalten.
„Für mich als Krebspatientin ist die Sicherheit entscheidend. Ich muss darauf vertrauen können, dass das Cannabis frei von Schimmel ist.“
– Patientin, 54 Jahre
rotz der Vorteile gibt es auch Bedenken:
Einige Studien deuten darauf hin, dass durch Bestrahlung Terpene – die für Geruch und einen Teil der Wirkung verantwortlich sind – teilweise reduziert werden können.
Die Hauptwirkstoffe THC und CBD bleiben weitgehend stabil.
Manche Patient:innen berichten, dass bestrahltes Cannabis „anders riecht“ oder „weniger intensiv wirkt“.
Andere bemerken keinen Unterschied.
Einige Patient:innen wünschen sich unbestrahlte Produkte, weil sie diese als „natürlicher“ empfinden.
Ja, es gibt auch unbestrahlte Cannabisblüten, die in Deutschland auf den Markt kommen. Allerdings müssen diese ebenfalls strenge Grenzwerte für Keime einhalten.
Wie gelingt das ohne Bestrahlung?
Sterile Produktionsbedingungen: Indoor-Anbau mit HEPA-gefilterter Luft.
Strenge Hygienestandards: Handschuhe, Reinräume, geschlossene Systeme.
Laboranalysen: Jede Charge wird auf Keime getestet.
Merkmal | Bestrahlt | Unbestrahlt |
---|---|---|
Keimsicherheit | Sehr hoch, nahezu keimfrei | Hoch, aber abhängig von Produktionsbedingungen |
Wirkstoffe (THC, CBD) | Stabil, kaum Veränderungen | Stabil |
Terpene | Teilweise reduziert | Vollständig erhalten |
Geruch/Geschmack | Von manchen Patient:innen als verändert beschrieben | „Natürlicher“, oft aromatischer |
Kosten | Tendenziell günstiger | Teurer in der Herstellung |
Verfügbarkeit | Häufiger erhältlich | Seltener, begrenzte Auswahl |
Bestrahltes Cannabis bietet maximale Sicherheit, insbesondere für immungeschwächte Patient:innen.
Unbestrahltes Cannabis gilt als „natürlicher“ und kann sensorisch Unterschiede aufweisen, erfordert aber extrem saubere Produktionsbedingungen.
Medizinisch gibt es keine Hinweise, dass Bestrahlung die Wirksamkeit der Haupt-Cannabinoide beeinträchtigt.
Am Ende entscheidet die individuelle Situation:
Wer ein schwaches Immunsystem hat, ist mit bestrahltem Cannabis auf der sicheren Seite.
Wer viel Wert auf Aroma und Natürlichkeit legt, kann unbestrahlte Produkte bevorzugen – sofern verfügbar.
Das Wichtigste: Beide Formen erfüllen die hohen Qualitätsstandards des Arzneimittelgesetzes – und sind damit sicher für die Therapie.