Verfasst von: Dr. Nadine Frey
Lesezeit: 8 Minuten
Veröffentlicht am: 02.12.2022
Verfasst von: Dr. Nadine Frey
Lesezeit: 8 Minuten
Veröffentlicht am: 02.12.2022
Bei dem Hauptwirkstoff der Cannabispflanze, dem Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC), handelt es sich um ein Mittel, das unter anderem berauschende Eigenschaften besitzt.
Die Verwendung von THC-haltigem Cannabis kann daher verschiedene relevante Leistungsaspekte wie z. B. das Konzentrationsvermögen und die Reaktionsleistung negativ beeinflussen. Dadurch kann es unter Umständen zu Problemen bei der Durchführung alltäglicher Aktivitäten wie der Teilnahme am Straßenverkehr kommen. Somit stellt sich immer wieder die Frage nach der Fahreignung bzw. Fahrtüchtigkeit von Patient:innen mit einer Cannabis-Dauermedikation.
Nach §24a Abs.3 StVG ist das Führen von Kraftfahrzeugen unter Drogeneinfluss grundsätzlich untersagt. Beim Fahren unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln handelt es sich, je nachdem ob Fahrauffälligkeiten vorliegen oder nicht, um eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a II StVG oder eine Verkehrsstraftat nach § 316 StGB. In Konsequenz können je nach Sachlage Geldstrafen, Fahrverbote, Entziehung der Fahrerlaubnis oder Freiheitsstrafen drohen.
Bisher gilt für Verkehrsteilnehmer ein THC-Grenzwert von 1,0 Nanogramm je Milliliter Blutserum. Der medizinische Gebrauch von Betäubungsmitteln ist hiervon jedoch ausgenommen.
Das Medikamentenprivileg (§ 24a Abs.2 Satz 3 StVG) besagt, dass ein Patient, der unter Einfluss zentral wirksamer Substanzen keine Ausfallerscheinungen/Fahrauffälligkeiten zeigt, keine Ordnungswidrigkeit begeht, wenn: …“die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.“
Das bedeutet konkret, dass Patient:innen die gut auf ihr Medikament eingestellt sind und keine Nebenwirkungen wie beispielsweise verlangsamte Reaktion oder beeinträchtigte Aufmerksamkeit aufweisen, grundsätzlich am Straßenverkehr teilnehmen dürfen. Aber Vorsicht – das Medikamentenprivileg gilt natürlich nicht bei einer Selbstmedikation mit Cannabisarzneimitteln.
Unabhängig von einer möglichen Fahrauffälligkeit oder Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit, müssen Polizeibeamte im Anschluss an eine Kontrolle eines Cannabispatienten dieses der Führerscheinstelle melden. Diese kann anschließend die Feststellung der Fahreignung im Rahmen einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) oder einer fachärztlichen Fahreignungsuntersuchung nach § 11, 13, 14 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) veranlassen. Dabei geht es darum zu prüfen, ob die Fahreignung der betroffenen Person durch die Grunderkrankung selbst oder die Medikation möglicherweise eingeschränkt ist.
Um dem oft langwierigen und kostspieligen Weg einer angeordneten MPU vorzubeugen, wird Patient:innen empfohlen, vorab eine verkehrspsychologische Begutachtung des Fahrens unter Medikamenteneinfluss durchführen zu lassen. Dabei werden unter anderem die Reaktionsfähigkeit, Konzentration und Aufmerksamkeit getestet und bestätigt.
Marc Ziemann vom /u>Bund Deutscher Cannabis-Patienten e.V. äußert sich mit Ratschlägen für Patienten, die weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen möchten:
Arzt und Patient:innen sollten sich vor Beginn der Therapie versichern, dass nicht grundsätzlich eine negative Beeinflussung der Fahreignung aufgrund einer Erkrankung oder weiterer Medikamente vorliegt.
Voraussetzung für die Eignung zum Führen eines Fahrzeugs bei der Einnahme von THC-haltigen Cannabispräparaten ist eine konstante Therapie. Hierfür sollte unbedingt eine ausreichend lange Eintitrierungsphase eingehalten werden, in der die Therapie langsam an die Bedürfnisse des Patienten oder der Patientin angepasst wird. Während dieser Phase sollten Patient:innen keinesfalls ein Fahrzeug führen. Wurde eine wirksame und verträgliche Dosis ermittelt, sollte diese nach Möglichkeit beibehalten werden.
Jede Änderung der Dosierung, der Darreichungsform oder des Präparats kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen, welche die Fahrtüchtigkeit negativ beeinflussen können.
Selbstkontrolle
Jeder Patient hat sich vor Fahrtantritt und fortlaufend während der Fahrt zu versichern, dass eine Fahrtüchtigkeit besteht. Sollten Zweifel bezüglich der Fahreignung oder Fahrtüchtigkeit bestehen, sollten Patienten unbedingt von einer Autofahrt absehen und ggf. Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt halten.
Bestimmungsgemäße Einnahme
Um Probleme bei Verkehrskontrollen zu vermeiden, sollten sich Patienten unter allen Umständen an die vom behandelnden Arzt verordnete Dosierung und Darreichungsform halten (bestimmungsgemäße Einnahme).
Beispiel:
Ist die Inhalation von Cannabisblüten durch Verdampfung verordnet und in den Unterlagen entsprechend vermerkt, stellt das Rauchen von „Joints“ keine bestimmungsgemäße Einnahme dar.
Notwendige Unterlagen
Es empfiehlt sich zudem, Unterlagen/Dokumente mit sich zu führen, die den Patientenstatus belegen. Dazu zählen beispielsweise:
Verhaltensweisen in einer Kontrolle
Einigen Schwierigkeiten können Patient:innen schon durch das Verhalten während einer Verkehrskontrolle vorbeugen. Seien sie sich bewusst, dass die beteiligten Beamten lediglich den Gesetzen und Vorgaben folgen und es sich nicht um einen persönlichen Konflikt handelt.
Folgende Punkte erweisen sich in einer Kontrolle als hilfreich:
Obwohl Cannabispatient:innen grundsätzlich am Straßenverkehr teilnehmen dürfen, sollten sie ihre Fahrtauglichkeit stets kritisch hinterfragen, um sich und andere Verkehrsteilnehmer zu schützen. Vor allem vor dem Hintergrund der oftmals unklaren Folgen für Patient:innen nach einer Kontrolle besteht seitens des Gesetzgebers dringend Handlungsbedarf.
Da der Abbau von THC, anders als der Abbau von Alkohol, nicht linear geschieht, können aufgrund der THC-Konzentration im Blut kaum Rückschlüsse darauf geschlossen werden, ob eine bestimmungsgemäße Einnahme vorliegt oder nicht. Dennoch werden zurzeit immer wieder diese Werte als Grundlage für eine solche Argumentation in Verfahren genutzt.
>Auch erfordert die aktuelle Diskussion über eine mögliche Legalisierung von Cannabis eine umfassende Auseinandersetzung und Überarbeitung der bestehenden Regelungen. Es besteht nicht zwingend eine lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Konzentration von THC im Blut und einer THC-bedingten Beeinträchtigung des Fahrverhaltens. Der sehr niedrige Grenzwert von 1,0 Nanogramm je Milliliter Blutserum ist somit kaum haltbar.
Alle Dokumente griffbereit!
Der Cannamedical®-Patientenausweis unterstützt Patient:innen dabei, belegen zu können, dass sie ein vom Arzt verschriebenes Medizinal-Cannabis besitzen dürfen und dazu berechtigt sind, dieses aus medizinischen Gründen zu sich zu nehmen.
In unserem Patiententagebuch kann nicht nur der Verlauf der Therapie genau dokumentiert werden, es bietet auch Platz für den Patientenausweis, sowie das aktuelle Rezept und ein ärztliches Schreiben.
Alle Informationen finden Sie unter:
Patientenausweis
Patiententagebuch
Unterstützung für Patienten
Der Bund Deutscher Cannabis-Patienten e.V. bietet als gemeinnütziger Verein Beratung und Unterstützung für Patient:innen, die eine Therapie mit Cannabinoiden erhalten.<
Auch zu Fragen rund um das Thema Fahrerlaubnis finden Sie hier kompetente Ansprechpartner und weitere hilfreiche Tipps. Egal ob sie sich vorsorglich informieren möchten oder ob sie Unterstützung zum Vorgehen nach einer Kontrolle benötigen.
Bund Deutscher Cannabis-Patienten e.V
Telefon: 0049 201 6485 0852
Telefax: 0049 208 2079 2862
E-Mail: info@bdcan.de
Website: https://bdcan.de/